Aufregende Orte – spannende Geschichte

Landtagshaus Bautzen – das alte Herz der Oberlausitz

Die Oberlausitz war immer etwas Besonderes. Allein deshalb, weil das Markgraftum im Laufe der Jahrhunderte als Nebenland Bestandteil mehrerer Staaten war. Die längste Zeit seines Bestehens gehörte es zum Königreich Böhmen und anno 1635 gelangte es als Kriegspfandlehen in die Hände des Kurfürsten von Sachsen. Und da diese Herren meist weit entfernt residierten und die Oberlausitz ‚lediglich ihr Anhängsel‘ war, verwaltete man sich weitgehend autonom. Das Sagen hatten dabei die zwei Stände der Oberlausitz: das Land und die Städte. Was sie beschlossen war Gesetz. Selbstverständlich nicht, ohne den Landvogt umgehen zu können. Er war, zusammen mit den Amtshauptleuten der Kreise Budissin und Görlitz, der Stellvertreter des Landesherrn. Er sprach in der Regel jedoch nur dann ein Machtwort, wenn sich die Stände auf ihrem Landtag nicht einigen konnten. Die Entscheidungen trafen sie im Landtagshaus Bautzen. Es befand und befindet sich noch heute auf der Schlossstraße 10. 1668 wurde es, nachdem man das alte Haus 1664 nach einem Brand abgerissen hatte, neu aufgebaut.

Landtagshaus Bautzen um 1850

Landtagshaus Bautzen Schlossstraße 10/12

Landtagshaus Bautzen von der Ortenburg 

Die Stände der Oberlausitz

Zu den Landständen gehörten:

die Standesherrschaften Muskau, Hoyerswerda, Königsbrück und Seidenberg,

die Ritterschaft der Kreise Budissin und Görlitz,

der geistliche Stand mit dem Domstift Budissin, den Zisterzienserklöstern St. Marienstern, St. Marienthal sowie dem Magdalenenkloster Lauban.

Zu den Städten gehörten:

Die Sechsstädte

Görlitz, Bautzen,

Zittau, Kamenz,

Löbau und 

Lauban.

Der Oberlausitzer Sechsstädtebund auf einen Blick

Das alte Herz der Oberlausitz

Heute sind im 1996 bis 2001 restaurierten ehemaligen Landtagshaus Bautzen die Stadtbibliothek, das Staatsfilialarchiv für die Oberlausitz und das Stadtarchiv Bautzen (Archivverbund Bautzen) untergebracht.
Was viele nicht wissen:
Wer den Lesesaal der Bibliothek im ersten Stock des Landtagshauses Bautzen nutzt, befindet sich in seinem bedeutendsten Raum – im alten Herz der Oberlausitz. Hier tagten die zwei Stände und fällten alle wichtigen Entscheidungen für das Land. Fenster und Türen sind noch genauso wie in altehrwürdigen Zeiten angeordnet. Wer will, kann den Saal besuchen und sich dort gern mal auf den Platz des Herrn Landvogt setzen (siehe Plan).

Landtagshaus Bautzen 
Lesesaal der Bibliothek

Landtagshaus Bautzen 
Sitzordnung der Stände

Landtagshaus Bautzen 
Sitzordnung der Stände

Ein schwarzer Tag im Landtagshaus Bautzen

Eine der schwärzesten Sitzungen in der Geschichte des Hauses war der reguläre Landtag Oculi (3. Sonntag der ev. Passionszeit) am 1. März 1815. Schlechte Nachrichten waren aus Wien bis nach Bautzen vorgedrungen. Der dort tagende Kongress wolle, so hörte man, die Teilung Sachsens, mithin auch der Oberlausitz, beschließen. Kaum dass es dem Vorsitzenden der Tagung, dem Landesältesten Friedrich August von Gersdorf auf Döbschke gelang, die Gemüter zu beruhigen, beschlossen die Delegierten, sofort eine Abordnung nach Wien zu schicken, um die Teilung zu verhindern. Die Landstände befürworteten diesen Schritt einhellig, nur die Vertreter der Städte steckten ihre Köpfe zusammen und berieten. Schließlich verkündeten sie, das Vorhaben zu befürworten, müssten jedoch erst ihre Bürgermeister und Räte um Erlaubnis bitten. Dafür wäre keine Zeit, meinte der Vorsitzende. Gefahr sei im Verzug und die Delegation müsse sofort abreisen. So kam es, dass einzig die zwei Gesandten der Landstände nach Wien fuhren:
Ernst Gustav von Gersdorf auf Gröditz für den Budissiner Kreis und
für den Görlitzer Kreis der Verwalter des Fräuleinstiftes Joachimstein (Radomierzyce)
Karl Wilhelm von Fehrenteil und Gruppenberg auf Bellmannsdorf (Radzimów).

Schloss Gröditz,
Oberlausitzerin64, Lizenz

Kirche in Bellmannsdorf
MOs810, Lizenz

Fräuleinstift Joachimstein 
um 1850

Von zweien, die auszogen, die Oberlausitz zu retten

Über die Reise der zwei Herren habe ich in meinem Buch „Das behexte Lenchen“ eine Geschichte geschrieben. „Von zweien, die auszogen, die Oberlausitz zu retten“, schildert ihre abenteuerliche Fahrt, ihre Erlebnisse in Wien und das Zusammentreffen mit dem sächsischen König Friedrich August I. in Pressburg (Bratislava).

Lesesaal des Archivverbundes im Landtagshaus Bautzen

Die Geschichte beruht auf den erhalten gebliebenen Akten dieses Landtages sowie den dort eingefügten Briefen des Herrn von Gersdorf. Hier zwei Auszüge und das Bild aus dem Lesesaal des Bautzener Archivverbundes. Für den Geschichts- und Heimatinteressierten ist dessen riesiger Aktenbestand im Landtagshaus Bautzen eine wahre Fundgrube.

Auszug aus der Akte vom Landtag Oculi 1815

Erhalten gebliebene Briefe des Herrn von Gersdorf

Ständehaus Görlitz,
Südstädter, Lizenz

Der Ausgang der Mission der beiden Herren ist bekannt. Ihnen gelang es nicht, die Teilung unserer Heimat zu verhindern. Sie kamen unverrichteter Dinge zurück. Nach 1815 mussten die Landstände eines großen Teils der Oberlausitz sowie die Städte Görlitz und Lauban preußische Wege beschreiten. Damit endeten auch ihre Besuche im Landtagshaus Bautzen.
Am 19. September 1854 weihten sie in Görlitz ihr neues Ständehaus ein. Entworfen vom Architekten Carl Ferdinand Busse entstand – ähnlich der Görlitzer Jägerkaserne – ein kastellartiger Bau, bei dem auch Steine der alten Stadtmauer wiederverwendet wurden. Seit dem Jahr 2000 befindet sich hier das Seniorenzentrum am Stadtpark, Dr.-Kahlbaum-Allee 31.

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