Gästeführer und Buchautor Arnd Krenz
Mit 792,6 Metern gilt die Lausche als höchste Erhebung des Zittauer- und Lausitzer Gebirges. Doch nicht nur diese Tatsache ist bemerkenswert. Auch Besuchern hat der Berg eine Menge zu bieten. Nahezu legendär sind beispielsweise die vom Gipfel aus zu genießenden Aussichten. Weit fällt dabei der Blick in die Oberlausitz, in böhmische Gefilde sowie in die sächsische Schweiz und in Richtung Osten bis hinein ins Riesen- und Isergebirge. Auch die bei klarem Wetter herrlich anzusehenden Sonnenauf- und -untergänge ziehen Wanderer immer wieder auf den Berggipfel. Obendrein gehört die Lausche zu den wenigen Bergen, über die eine Grenze verläuft. Früher trennte sie Böhmen von der Oberlausitz, später Österreich von Sachsen und heute Tschechien von Deutschland.
Bei aller Erhabenheit ist es kein Wunder, dass die touristische Erschließung der Lausche schon früh begann. Zu verdanken haben wir das einem Waltersdorfer Krämer und Schuhmacher namens Carl Friedrich Mathes. Bereits im Jahre 1805 war ihm der übliche Zugang zum Gipfel ein Dorn im Auge. Es handelte sich um einen steilen Pfad am Osthang, über den man nur mühsam nach oben gelangte. Also schlug er einen weiteren leichter begehbaren Weg durch den Wald und schuf auf dem Gipfel ein Plateau. Zunächst sollte dieses nur als Rast- und Aussichtsplatz dienen. Mit der Absicht, dass sich Besucher dort unterstellen konnten, baute er darauf zusätzlich ein Bretterhäuschen.
Doch Mathes wollte mehr! Deshalb legte er 19 Jahre später einen noch bequemeren Weg an. Serpentinenartig schlängelte sich dieser den Berg hinauf und endete nunmehr an einer von ihm ausgebauten kleinen Baude. Daneben stand ein Pavillon, der zur Wasserversorgung diente. Damit waren alle Voraussetzungen erfüllt und er erhielt am 31. Juli 1824 die Schankgerechtigkeit auf der Lausche. 1825 kam eine Kegelbahn und 1830 ein Tanzplatz dazu. Regelmäßig, so berichten Chroniken, sollen hier Harfnerinnen, Drehorgelspieler sowie Geiger zum Vergnügen der Gäste aufgespielt haben.
Angelockt durch sein Haus wanderten immer mehr Menschen hinauf auf die Lausche. Dass Gerüchte um Mathes aufkamen und er selbst alles andere als eine gepflegte Erscheinung war, tat dem aufstrebenden Bergtourismus keinen Abbruch. Offizielle Beschwerden oder Anzeigen gegen ihn gab es nie. Dennoch war bekannt, dass er einheimischen Webern oft Unterschlupf gewährte. Meist im Morgengrauen gelangten diese vom Gipfel der Lausche aus unentdeckt ins Böhmische, um ihre Waren dort zollfrei verkaufen zu können. Ob sich das nach dem Tod von Mathes fortsetzte, weiß keiner. Sicher jedoch ist, dass die Baude weiterlebte. Seine Nachfolger nahmen etliche Um- und Ausbauten vor, in deren Folge sächsische und böhmische Gästezimmer entstanden. Im Jahre 1892 setzten die Gaststättenbesitzer dann eine richtig große Lauschebaude auf das Plateau. Genaugenommen waren es zwei: eine Österreichische und eine Sächsische, zu denen sich noch ein 10 Meter hoher Aussichtsturm gesellte.
Ganze 54 Jahre versah die Baude auf der Lausche ihren Dienst. Abertausenden Menschen hatte sie reichlich Speis und Trank sowie Unterkunft geboten – dann schlug der Feuerteufel zu. Mit Schrecken mussten die Waltersdorfer mit ansehen, wie am 8. Januar 1946 hochlodernde Flammen ihre traditionsreiche Baude vernichteten. Pläne zu deren Wiederaufbau gab es viele, jedoch wurde kein einziger umgesetzt. Nun endlich kam 2020 nach 74 Jahren Abstinenz wenigstens ein 8 Meter hoher Turm auf den Gipfel. Für alle, die die Oberlausitz und das Zittauer Gebirge besuchen ein Grund, auf die Lausche zu wandern. Atemberaubende Ausblicke über drei Länder hinweg sind dafür der schönste Lohn!
Lesen Sie im Buch „Das behexte Lenchen“ zu diesem Thema auch die Geschichte zweier honoriger Herren, die in der Baude von Mathes gar Schreckliches erlebten. Titel der Story: „Eine schaurige Nacht auf der Lausche“
Diesen Artikel habe ich zuerst veröffentlicht im Magazin Granit, Ausgabe 5 Juni 2023. Sie erhalten das Magazin an öffentlichen Stellen wie Touristinformationen und in Filialen der Bäckerei Schwerdtner.