Blutige Schlachten im Namen der Religion

Hussitenschlacht, Archiv

Hussitenschlacht, Archiv

Am 30. Juli 1419 kam es zum Fanal. Weil der böhmische König Wenzel Anhänger der Hussiten aus Kirchen- sowie Staatsämtern verdrängte, stürmten einige von ihnen das Rathaus und warfen diverse Ratsherren aus dem Fenster. Dieses Ereignis ging als „Erster Prager Fenstersturz“ in die Annalen der Geschichte ein. Ob aus Gram darüber sei dahingestellt; jedenfalls verstarb Wenzel ein paar Tage später und sein Bruder Sigismund erbte den böhmischen Thron. Der wiederum galt dem Volk als Mörder von Jan Hus – die Prager waren außer sich und rebellierten. Um die böhmischen Ketzer niederzuschlagen, rief Papst Martin V. im März 1420 zum 1. von insgesamt 5 Kreuzzügen gegen die Hussiten auf. Ein 16 Jahre dauernder Krieg begann. Seine blutigen Schlachten tobten nicht nur in Böhmen, sondern griffen auch auf andere deutsche Länder über. Entsetzt über die Plünderungs- und Mordgier der Taboriten, drehten die Kalixtiner ab 1423 den Spieß um und kämpften von da an gegen ihre Gesinnungsgenossen.

blauer Balken

Die Oberlausitz im Visier der Hussiten

Ruine Burg Karlsfried, 22.09.2006 Prazak

Ruine Burg Karlsfried, 22.09.2006 Prazak

Auch unsere heutige Oberlausitz war wegen ihrer Unterstützung König Sigismunds ins Visier der Hussiten geraten. Einen Katzensprung von Böhmen entfernt, musste die Region um Zittau als Erste Federn lassen. So zogen 1424 8.700 Hussiten unter Botzko von Podjebrad gegen die Stadt. Sie selbst blieb dieses Mal zwar verschont, dafür bekam die am Gabeler Pass gelegene Verteidigungsburg Karlsfried den Hass der Hussiten zu spüren. Trotz gegenteiliger Zusage brannten sie die Feste nieder, schnitten vielen Verteidigern Nasen und Daumen ab oder verbrannten sie bei lebendigem Leib. Anschließend lagerten die Hussiten bei Hartau. Ihre ungezügelte Zerstörungswut verwandelte die Umgebung in ein Trümmerfeld. Olbersdorf und Grottau ruinierten die Hussiten völlig. Wie hier geschehen, erging es im Grunde vielen Orten in unserer Gegend.

Kopf Prischwitz Nicolaipforte Bautzen, 22.04.2009 Stephan M. Höhne

Kopf Prischwitz Nicolaipforte Bautzen, 22.04.2009 Stephan M. Höhne

Manchmal hatten die Städte ihr Verhängnis sogar verräterischen Machenschaften zu verdanken. 1429 brannte ein bestochener Brauknecht Löbau nieder und in Bautzen verriet Stadtschreiber Peter Prischwitz seine eigene Stadt. Während der Belagerung schoss er Botschaften via Pfeil über die Mauer und versuchte, die Pulvervorräte unbrauchbar zu machen. Auf einer Kuhhaut schleiften ihn die Bautzener zur Strafe durch die Gassen, hauten den Leib in 4 Teile und warfen ihm das Herz ins Gesicht. Sein steinerner Kopf ist noch heute an der Bautzener Nikolaipforte zu sehen.

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Aus der Asche entstand ein Schwan

Prag, Denkmal Jan Hus

Prag, Denkmal Jan Hus

Mit der Krönung König Sigismunds am 31. Mai 1433 zum Römisch-Deutschen Kaiser, suchten die Beteiligten einen Ausgleich zwischen Konzil, Kaiser und Papst herzustellen. Der Weg für eine Kirchenreform und Einigung mit den Hussiten war frei. Im November schlossen die Parteien in Prag einen Kopromiss. Gemäßigte Hussiten kehrten darauf in den Schoß der katholischen Kirche zurück. Das vereinte Heer der Katholischen sowie Bekehrten schlug 1434 die Taboriten in der Schlacht bei Lipan und 1436 endeten auch die letzten Kämpfe. Was blieb war eine Idee. Martin Luther ließ sie rund 80 Jahre später Realität werden. Eindrucksvoll bestätigte er damit die letzten Worte des Jan Hus: „Heute bratet ihr eine Gans, aber aus der Asche wird ein Schwan entstehen“.

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