Weil er sogleich keine Antwort bekam, befahl er den Stadtsoldaten:
„Ergreift das Weib und bringt sie zu Arrest!“
Was dann geschah, ließ den Männern das Blut in den Adern gefrieren. Als sie zupacken wollten, griffen sie ins Leere. Im Bruchteil eines Atemzuges löste sich die Gestalt in Nebel auf und fuhr mit fauchender Stimme gen Himmel.
„Ihr unglückseligen Geschöpfe – wehe! Donner, Asche und Tod werden über euch kommen!“
Unfähig, sich zu rühren, blickten die Soldaten minutenlang mit offenem Mund nach oben. Begreifen konnten sie das eben Erlebte nicht. Auch die seltsame Alte schien durch diesen Vorfall verschreckt, denn man sah sie danach immer seltener, und wenn, wagte sich niemand an sie heran. Mit der Zeit dachte fast keiner mehr an den Spuk. Erst im Sommer des folgenden Jahres begriffen die Zittauer, vor welch grausigem Ereignis sie das Orakel permanent zu warnen versucht hatte.
Mitte 1756, im Siebenjährigen Krieg, nahmen die Preußen Zittau für sich in Beschlag. Die Stadt war voller Soldaten, Pferde und Wagen. Zu allem Unglück standen im Juli die Österreicher vor der Stadt und verlangten von den Preußen, Zittau zu räumen. Widrigenfalls wollten sie die Stadt beschießen. Keiner hatte damit gerechnet, dass die Österreicher ihre Drohung wahr machen würden. Ein folgenschwerer Irrtum: Als die Preußen der Aufforderung nicht nachkamen, schoss die österreichische Artillerie am 23. Juli 1757 Eisen- und Feuerkugeln, Karkassen sowie Pechkränze in die Stadt. Die Menschen schrien, suchten Deckung oder liefen auf den Gassen um ihr Leben. Viele kamen in den Kellern ihrer Häuser um.
Eines der Hauptziele war die Johanniskirche. Der Südturm der Kirche stürzte krachend in sich zusammen. Das Gotteshaus, mit ihr die Silbermannorgel, und weite Teile der Stadt versanken in Schutt und Asche. Angesichts des großen Leides erinnerten sich die Zittauer nun wieder an ihr Ascheweibchen. Bitter bereuten sie, ihre Warnung in den Wind geschlagen zu haben. Viele meinten sogar, sie während des Bombardements als graue Gestalt über den Aschewolken gesehen zu haben. Selbst Jahrzehnte später meinten einige Leute, die Alte schwebe jede Silvesternacht und am Vorabend des Brandes mit mahnenden Worten durch Zittau: „Seid wachsam und klug, dass weder Unglück noch Krieg am Ende euch besiegt!“
Diese Sage hat nun die Gruppe Versengold auf ihrer neuen CD „Was kost die Welt“ vertont. Das Lied heißt „Eis und Asche“. Das Lied höre ich mir sehr gerne an, dann denke ich an meine Heimat und die schönen Sagen der Oberlausitz, die so nun auch weiter hinaus getragen werden. LG Kerstin
Hallo Kerstin,
danke für den Hinweis. Ich werde mir das Lied auch mal anhören.
Beste Grüße aus der Heimat
Arnd Krenz