Vor über 200 Jahren sorgte Johannes Karasek in der Oberlausitz für reichlich Unruhe und Aufsehen. Doch nicht nur das: Auch die Legende vom Wohltäter wurde bereits zu seinen Lebzeiten geboren. Als Sinnbild des edlen Räuberhauptmannes bewegt er bis heute die Gemüter. Vor 20 Jahren hat ihm die Stadt Seifhennersdorf mit ihrem Museum ein Denkmal gesetzt.
Karasek – eine Legende zwischen Gut und Böse
Die Leute nannten ihn den Prager oder Böhmischen Hansel. Höchstwahrscheinlich deshalb, weil Johannes Karasek das Licht der Welt in (Prag) Smichow erblickte. Man schrieb den 10. September 1764 und in den darauffolgenden Lebensjahren schien dem jungen Johannes ein kriminelles Dasein fernzuliegen. Tüchtig, wie er offensichtlich war, erlernte er das Tischler- später das Fleischhauerhandwerk. Ebenso müssen ihm seine Eltern ordentliche Umgangsformen sowie ein hohes Maß an Redegewandtheit mit in die Wiege gelegt haben. Das weibliche Geschlecht machte ihm wegen seines feschen Auftretens schöne Augen und auch sein Verkaufstalent war erstaunlich. Was ihm allerdings nicht zu liegen schien, war der österreichische Militärdienst, den er gezwungen antreten musste. Er desertierte, tauchte unter und fand Zuflucht beim Wirt des Gerichtskretschams Neuwalde, Greibich. Die Schenke lag dazumal, umgeben von sächsischem Gebiet, in der böhmischen Enklave Niederleutersdorf. Sie diente dem Unterschlupf einer Diebesbande, die ein gewisser Palme anführte. Nach und nach geriet Karasek in dessen Einfluss und betätigte sich für ihn als Hehler. Das heißt, er nutzte sein Verkaufstalent und brachte erfolgreich Raubgut an den Mann. Bestens integriert heiratete Karasek 1795 sogar die Tochter des Gastwirtes, und als Palme 1797 bei einem Raubzug den Tod fand, erkoren ihn die Bandenmitglieder zu ihrem neuen Anführer. Zahlreiche Diebestouren führten die Räuber fortan in sächsisches Gebiet. Zunächst ging alles gut. Nicht selten hatte Karasek Rückendeckung von der Bevölkerung, weil er hin und wieder den Ärmsten der Armen etwas von seiner Beute abgab. Doch nicht lange nachdem die Geschichte vom barmherzigen Räuber ihren Anfang nahm, nahte auch schon deren Ende. Entgegen seiner Maxime, niemals im eigenen Revier zu jagen, suchte seine Bande in der Nacht vom 31. Juli zum 01. August 1800 den Rittergutsbesitzer Glathe in Oberleutersdorf heim. Die eilig aus Hainewalde herbeigerufenen Dragoner konnten seine Fährte bis in die Greibichschenke verfolgen. Sie nahmen Johannes Karasek in Haft, er wurde verhört und in Bautzen zum Tode verurteilt. Letztendlich aber begnadigte ihn der sächsische Kurfürst zu lebenslanger Festungshaft. Diese überlebte Karasek jedoch nicht lange. Er starb im Alter von 45 Jahren am 14. September 1809 in Dresden.
Ein Museum der besonderen Art
Die Idee, das Seifhennersdorfer Stadtmuseum mit Johannes Karasek zu verbinden, entstand 1992. Heiner Haschke hatte damals die Leitung des Hauses übernommen und eine Sonderausstellung über Karasek und die von 1635 bis 1849 bestehende böhmische Enklave Niederleutersdorf eingerichtet. Schon wenige Tage nach der Eröffnung war den Museumsmitarbeitern klar, dass sie mit dem Thema ins Schwarze getroffen hatten. Die Besucher zeigten sich begeistert und wünschten, zukünftig mehr von diesem Stück oberlausitzböhmischer Heimatgeschichte zu sehen. Ergo entwickelte Heiner Haschke mit seinen Kollegen ein neues Museumskonzept, in dem die Figur des Räuberhauptmanns Karasek die zentrale Rolle einnehmen sollte. Nachdem sie Bürgermeister und Stadtrat überzeugt hatten, gestalteten sie die erste Etage komplett neu. 1996 schließlich taufte die Stadt das Haus in Karasekmuseum um. Seitdem finden die Besucher hier jede Menge Exponate rund um die Zeit des prominenten Meisterdiebes. Neben der Darstellung des Räuber- und Schmugglerwesens im 18./19. Jahrhundert sowie der Enklave Niederleutersdorf, können sie jeweils eine ursprünglich eingerichtete Bauern-, Schlaf- und Weberstube der Zeit um 1800 bewundern. Die liebevoll, mit bemerkenswertem Gefühl fürs Detail arrangierten Boxen kommen heutigen Betrachtern geradezu behaglich vor, wäre da im Hinterkopf nicht der Gedanke, dass die einfachen Menschen seinerzeit in äußerst bescheidenen Verhältnissen leben mussten. Eine versteckte Häme, wenn die karaseksche Diebesbande „dem reichen Pfeffersack“ wieder mal eins ausgewischt hatte, ist aus diesem Blickwinkel betrachtet nur zu verständlich. Wer tiefer in jene Zeit eintauchen will, der sollte auf keinen Fall die zum 20. Jahrestag des Museums am 6. November 2016 eröffnete Sonderausstellung „Karasek zeigt seine Schätze“ verpassen. Darüber hinaus gibt es eine brandneue DVD zu kaufen, die vom abenteuerlichen Leben des berühmten Räuberhauptmannes erzählt.
Wandern in Karaseks Revier
Ergänzend zum Hauptthema, erfahren die Gäste im Seifhennersdorfer Museum auch Wissenswertes über die Oberlausitzer Umgebindearchitektur und jede Menge über in Nordböhmen und dem Lausitzer Gebirge vorhandene Polierschieferlagerstätten. Menschen, die sich für das Leben in der ehemaligen DDR interessieren bzw. in Erinnerungen schwelgen möchten, sei gleichfalls die circa 800 Schaustücke umfassende Ausstellung „Damals in der DDR“ empfohlen. Vom Schuh, über den Schulranzen, den Radiorekorder bis hin zur Mütze eines Grenzoffiziers ist im Erdgeschoss des Museums (fast) alles zu sehen, womit die Leute noch vor 30 Jahren hier gelebt haben. Im selben Raum befindet sich übrigens auch die Touristinformation der Stadt. Die freundlichen Mitarbeiter(innen) vermitteln Übernachtungen, beraten vor Ort gern zu nahe gelegenen Sehenswürdigkeiten oder geben Tipps in Sachen Ausflüge und Wanderungen. Beliebt als Ganztagestour ist zum Beispiel „Karaseks Lieblingsroute“ oder, ein wenig kürzer, „Karaseks Ringwanderweg“. Letzterer führt direkt am Standort der 1804 abgerissenen Greibichschenke vorbei. Genauso spektakulär der 21 Kilometer lange „Karasek Radweg“. Er endet direkt an der Leutersdorfer Gaststätte Oberkretscham. Wer hier einkehrt, sitzt im ehemaligen Gerichtskretscham von Oberleutersdorf. Genau an dem Ort, wo der bekannteste Räuber der Oberlausitz nach seiner Verhaftung vom Gericht verhört wurde.
Na dann: „Auf Dein Wohl mein lieber Johannes Karasek!“
Karasek-Museum/Tourist-Information
Nordstraße 21 a
02782 Seifhennersdorf
Tel.: 03586 45 15 67
Fax: 03586 45 15 68
Mail: tourismus(at)eifhennersdorf(dot)de
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Freitag
09:00 bis 12:00 Uhr und
13:00 bis 16:30 Uhr
Sonntag
13:00 bis 16:30 Uhr
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